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Pöbeln in Facebook & Co. kann den Job kosten

In Zeiten Corona-bedingter sozialer Distanz weichen viele Menschen auf Social Media aus und lassen sich hier zum Teil auch beleidigend über ihren Arbeitgeber oder Kollegen aus oder geben Vertrauliches über ihr Unternehmen preis. Das kann arbeitsrechtliche Folgen haben. Die Zeitschrift Chip hat sich diesem Thema in ihrer April-Ausgabe gewidmet.

Den Arbeitgeber im Sozialen Netz beleidigen – ein Kündigungsgrund?

„Beleidigungen, extremistische Äußerungen und vieles mehr, das früher allenfalls im Familien- und Bekanntenkreis geäußert wurde, wird mittlerweile bedenkenlos öffentlich gepostet – und dadurch auch zu einem arbeitsrechtlichen Problem“, so der Arbeitsrechtsprofessor Arnd Diringer im Artikel der Zeitschrift Chip. Im Blog des Systemhauses reinheimer systemloesungen in Darmstadt sind weitere Quellen und Fakten zum Thema zusammengestellt.

„Einem Mitarbeiter kann grundsätzlich nicht untersagt werden, sich überhaupt in sozialen Medien über die Arbeit und den Arbeitgeber zu äußern“, schreibt Julia Zange, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Denn dies sei durch die grundgesetzliche Meinungsfreiheit gedeckt.

Grenzen der Meinungsfreiheit

Die Meinungsfreiheit findet laut Artikel 5 Absatz 2 GG „… ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre“. Arbeitgeber, so die Fachanwältin weiter, müssten „grobe Beleidigungen, grob unsachliche Angriffe, Schmähungen und Formalbeleidigungen nicht hinnehmen, ebenso wenig wahrheitswidrig aufgestellte Tatsachenbehauptungen wie etwa üble Nachrede“. Quelle.

Der Grundgesetzartikel Artikel 5 ist „kein Freibrief für Formalbeleidigungen, Schmähkritik und bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen – auch nicht im Arbeitsverhältnis“, heißt es im Expertenforum Arbeitsrecht.

„Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) folgert die Rechtsprechung arbeitsvertragliche Pflichten zur gegenseitigen Rücksichtnahme in einem Arbeitsverhältnis (§ 241 BGB)“, schreibt der Deutsche Gewerkschaftsbund, DGB. Weiter heißt es: „Die Rechte des Arbeitgebers werden … dann verletzt, wenn der Betriebsfrieden durch das Auftreten des Beschäftigten in ernstlicher Weise gestört wird“.

„Der Arbeitnehmer ist gegenüber dem Arbeitgeber auch und vor allem zur Loyalität verpflichtet. Er hat daher auf dessen Interessen Rücksicht zu nehmen“, schreibt die Anwältin Sabine Frien. Sie gibt aber auch zu bedenken, dass „sich die höchstrichterliche Rechtsprechung, die richtungsweisend für die Instanzengerichte ist, hierzu noch nicht positioniert“ habe.

Schmähung von Chefs und Kollegen im Netz – Beispiele aus der Rechtsprechung

Vor den Arbeitsgerichten gehen Kündigungsschutzprozesse von Arbeitnehmern, die zum Teil schwerst beleidigende Inhalte gepostet haben, unterschiedlich aus. Für juristische Laien ist das teilweise nur schwer nachvollziehbar.

So stellte das Arbeitsgericht Duisburg zwar grundsätzlich fest, dass „grobe Beleidigungen bei facebook“ eine fristlose Kündigung rechtfertigen können. Im vorliegenden Fall urteilten die Richter aber zugunsten des Arbeitnehmers. Dieser hatte Arbeitskollegen auf seiner Facebook-Seite unter anderem als „Speckrollen“ und „Klugscheißer“ bezeichnet. In einer Mitteilung des Duisburger Gerichtes heißt es dazu: „Das Arbeitsgericht hielt die Kündigung ohne vorherige Abmahnung … im Ergebnis für unwirksam. Der Kläger hatte den Kommentar verfasst, nachdem er erfahren hatte, dass Kollegen ihn zu Unrecht bei seinem Arbeitgeber denunziert hatten und damit aus Sicht des Arbeitsgerichts im Affekt gehandelt.“ Er habe sie zudem nicht namentlich genannt. Allerdings hielten die Richter eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber für rechtens. Pressemitteilung zum Urteil.

Das Arbeitsgericht Hagen bestätigte die ordentliche Kündigung eines Mitarbeiters. Dieser hatte auf Facebook seinen Vorgesetzten mit folgenden Formulierungen adressiert: „scheiss“, „kleinen scheisshaufen“, „faules schwein der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben“, „drecksau“ und „doofmann“. Eine fristlose Kündigung hielten die Richter jedoch nicht für gerechtfertigt. Lesen Sie mehr über die Urteilsgründe.

Das Arbeitsgericht Herne bestätigte die fristlose Kündigung eines Bergwerksmitarbeiters, der Asylbewerber böswillig verächtlich gemacht und zum Hass gegen diese aufgestachelt hatte. Quelle.

Eine Sammlung von Urteilen zu Beleidigungen auch via Emoticons auf Facebook finden Sie hier.

Wie Frust-Äußerungen und Beleidigungen im Netz zum Eigentor werden können

Auch früher haben sich gefrustete Arbeitnehmer kritisch, vielleicht auch polemisch, im Bekannten- und Freundeskreis über Chefs geäußert. Doch in vor-digitalen Zeiten geschah dies meist nur verbal und wurde lediglich von einem kleineren Kreis von Adressaten wahrgenommen.

Auf Facebook, XING oder Twitter ist alles schriftlich und – wenn es öffentlich gestellt worden ist – auch für einen großen Adressatenkreis zugänglich. Auch wenn man ein unbedachtes Post oder Tweet schnell wieder löscht: Andere könnten davon in Sekundenschnelle einen Screenshot gemacht und diesen verbreitet haben. Das Ergebnis, wenn Sie dort Schmähungen über andere Arbeitgeber finden, kann man sich ausmalen. „Das Internet vergisst nichts“, so IT-Fachmann Pascal Reinheimer vom Systemhaus reinheimer systemloesungen in der Region Frankfurt/Rhein-Main. Und: Beiträge können mit einem Mausklick sekundenschnell verbreitet oder kopiert werden.

Das kann zum Eigentor für die Absender werden. Denn auch künftige Chefs sowie Personalverantwortliche recherchieren den Hintergrund von Bewerbern in deren Social-Media-Portalen. Laut einer im März 2017 veröffentlichten Umfrage von YouGov informieren sich 48 Prozent aller potenziellen Arbeitgeber in Linkedin, 46 Prozent in Facebook und 28 Prozent via Twitter über Kandidaten. Und fast jeder Fünfte gab an, Kandidaten wegen deren Online-Aktivitäten abzulehnen.